Genanalysen bestätigen Zuwanderung aus Südamerika
Ein norwegischer Forscher findet Gene, die zeigen, dass der Entdecker Thor Heyerdahl mit seinen Vermutungen, erst seien hellhäutige „Langohren“ gekommen, später dunklere „Kurzohren“ „nicht ganz Unrecht hatte“.
Verdächtiges Erbgut auf der Osterinsel
Die Osterinsel im Südpazifik ist nicht nur wegen ihrer riesigen Steinstatuen, den Moais, geheimnisumwittert. Schon lange streiten Wissenschaftler darüber, ob die Insel von Asien oder Amerika aus besiedelt wurde. Thor Heyerdahl zeigte 1947 mit seiner Kon-Tiki-Fahrt, dass die Route von Amerika aus zumindest theoretisch möglich gewesen wäre. Nun verleiht Erik Thorsby von der Universität Oslo diesem Besiedlungsszenario neue Brisanz.
Der Humangenetiker fand charakteristische Spuren südamerikanischer Vorfahren im Erbgut von Inselbewohnern mit einer rein einheimischen Abstammungslinie.
Thorsby konzentrierte sich bei seinen Erbgut-Analysen auf die sogenannten HLA-Gene. Sie besitzen charakteristische Eigenschaften, die eine Zuordnung zum polynesischen oder amerikanischen Ursprung ermöglichen. Er konnte dadurch nachweisen, dass die ersten Siedler zwar Polynesier aus dem Westen waren und Vorfahren des größten Teils der heutigen Bewohner sind. Doch ein kleiner Teil der letzten „reinblütigen“ Ureinwohner trug HLA-Gene, die vermutlich von amerikanischen Vorfahren stammen. Thorsby stellte auch fest, dass in einigen Fällen die polynesischen und amerikanischen HLA-Gene gekreuzt vorlagen. Das sei das Ergebnis einer sogenannten Rekombination, die bei HLA-Genen sehr selten vorkomme. Der Forscher schließt daraus, dass die amerikanischen Gene schon lange im Erbgut der Urbevölkerung verankert waren. Einen genauen Zeitpunkt könne er zwar nicht bestimmen, es sei aber wahrscheinlich, dass die Amerikaner die Osterinsel bereits erreicht hatten, bevor diese im Jahre 1722 von den Europäern entdeckt wurde.
Bisher hatten alle archäologischen Funde, Sprachanalysen und auch Gentests ergeben, dass die Osterinsel allein von Polynesiern kolonisiert worden war. Die Osterinsel erreichten sie wahrscheinlich vor etwa 1500 Jahren. Ab ungefähr 1100 n. Chr. begannen die Einwohner mit der Konstruktion von monumentalen Bauwerken, umgeben von den weltbekannten steinernen Statuen. Diese Zeit der Kulturblüte dauerte bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts.
Der norwegische Abenteurer Thor Heyerdahl glaubte, in den Osterinsel-Statuen Ähnlichkeiten zu südamerikanischen Skulpturen zu erkennen und vermutete deshalb, die Ureinwohner seien ursprünglich aus Südamerika gekommen. Seine berühmte Kon-Tiki-Expedition, bei der er mit einem Floß aus Balsaholz von Peru aus bis zu den Tuamotu-Inseln von Französisch-Polynesien segelte, sollte dokumentieren, dass eine solche Besiedlung damals möglich war.
Thorsby zufolge erscheint eine Reise im Kon-Tiki-Stil von Südamerika nach Polynesien durchaus denkbar. So könnten die indianischen Seefahrer Nachkommen auf der Osterinsel hinterlassen haben. Die ersten Pioniere seien aber dennoch Polynesier gewesen und hätten auch den größten Teil der Bevölkerung gebildet. „Heyerdahl lag also falsch“, sagt Thorsby, „aber nicht völlig.“
Erik Thorsby von der Universität Oslo präsentierte seine Ergebnisse auf dem Royal Society discussion meeting on human evolution in London
Quelle: wissenschaft.de - Martin Vieweg